
Was Sie über die EU -Produkthaftungsrichtlinie wissen müssen (2024/2853)
Die Europäische Union hat ihre Produkthaftungsvorschriften offiziell aktualisiert. Die am 8. Dezember 2024 in Kraft getretene EU-Produkthaftungsrichtlinie (Richtlinie (EU) 2024/2853) modernisiert den bestehenden Rahmen, um den heutigen komplexen Lieferketten, digitalen Produkten und Verbrauchererwartungen Rechnung zu tragen.
Die EU-Mitgliedstaaten müssen die Richtlinie bis zum 9. Dezember 2026 in nationales Recht umsetzen. Die neuen Vorschriften gelten für alle Produkte, die nach diesem Datum auf den Markt gebracht oder in Betrieb genommen werden.
Offizielle Referenz: Europäische Kommission – Produkthaftung
Warum wurde die Richtlinie aktualisiert?
Die bisherige Richtlinie aus dem Jahr 1985 spiegelte die Realität der modernen Produktlandschaft nicht mehr wider. Digitale Güter, KI-gestützte Systeme und komplexe multinationale Lieferketten erforderten klarere und robustere Haftungsregeln. Die neue Richtlinie stellt sicher, dass Verbraucher, die durch fehlerhafte Produkte (ob physisch oder digital) geschädigt wurden, leichter Entschädigung erhalten.
Wichtige Änderungen im Rahmen der EU-Produkthaftungsrichtlinie
1. Größere Produktpalette
Die Definition eines „Produkts“ umfasst nun:
- Standalone- oder eingebettete Software
- Digitale Fertigungsdateien (e.g. CAD/3D-Druckdateien)
- Produkte mit KI- oder digitalen Servicekomponenten
- Im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit unentgeltlich überlassene Gegenstände
Dadurch werden die Haftungsregeln an die bereits unter die Allgemeine Produktsicherheitsverordnung (GPSR).
2. Breitere Abdeckung der Wirtschaftsteilnehmer
Die Haftung erstreckt sich auf mehrere Akteure in der Lieferkette, darunter:
- Hersteller (EU und Nicht-EU)
- Importeure
- Händler, die ein Produkt umetikettieren oder verändern
- Fulfillment-Dienstleister, in bestimmten Fällen
3. Vermutung des Mangels in komplexen Situationen
In Fällen, in denen ein Verbraucher aufgrund technischer Komplexität keinen Mangel nachweisen kann, können Gerichte von einem Mangel ausgehen, wenn:
- Das Produkt hat bei normalem Gebrauch eindeutig versagt
- Es erfüllt nicht die vorgeschriebenen Sicherheitsanforderungen
- Die Komplexität der Technologie macht Beweise unzugänglich
Betreiber müssen daher robuste technische Dokumentation und Rückverfolgbarkeit.
4. Neue Kategorien ersatzfähiger Schäden
Verbraucher können nun Entschädigungen für Folgendes verlangen:
- Körperliche Verletzung
- Medizinisch anerkannte psychische Schäden
- Beschädigung oder Zerstörung privater digitaler Daten
- Sachschäden in beliebiger Höhe (nicht mehr unter der 500-Euro-Grenze)
Diese Änderungen stehen im Einklang mit den allgemeinen Sicherheitsprinzipien, die bereits in GPSR-Risikobewertungen.
5. Längere Haftungsfristen
Die Richtlinie verlängert die Fristen für die Geltendmachung von Ansprüchen:
- 3 Jahre ab Kenntnis des Geschädigten vom Schaden, vom Mangel und von der haftenden Person
- 10 Jahre ab dem Datum der Markteinführung des Produkts (verlängerbar auf bis zu 25 Jahre bei latenten Schäden)
6. Gerichtlich angeordneter Zugang zu Beweismitteln
Kläger können ein Gericht ersuchen, Wirtschaftsteilnehmer zur Offenlegung relevanter technischer oder sicherheitsrelevanter Unterlagen zu zwingen, um den Mangel oder den Zusammenhang mit dem Schaden nachzuweisen.
Dies verstärkt die Notwendigkeit einer strukturierten Compliance-Dokumentation, wie sie bereits gemäß Anforderungen an die technische GPSR-Datei.
Wer haftet?
Die Haftung gilt für den Wirtschaftsteilnehmer, der:
- Das Produkt in der EU hergestellt oder importiert
- Das Produkt zusammengebaut, verpackt oder erheblich verändert
- Ein Produkt unter seinem eigenen Namen oder seiner eigenen Marke verkauft oder vertrieben
Wenn kein solcher Akteur in der EU ansässig ist, kann ein Fulfillment-Dienstleister haftbar gemacht werden.
Was sollten Importeure und Online-Verkäufer tun?
Wenn Sie Produkte auf dem EU-Markt in Verkehr bringen, insbesondere als Importeur oder Fulfillment-Anbieter, müssen Sie:
- Stellen Sie sicher, dass Sie mit Ihren Lieferanten klare, schriftliche Vereinbarungen über die Haftung und Produktsicherheitsverantwortung haben.
- Vollständige Pflege technische Dokumentation einschließlich Prüfberichten und Risikobewertungen
- Überprüfen Sie, ob die Kennzeichnung konform ist - siehe unseren Leitfaden auf GPSR-Kennzeichnungsanforderungen
- Bewahren Sie alle Sicherheitshinweise, Warnungen und Aktualisierungen auf
Wie EaseCert helfen kann
EaseCert unterstützt Marken bei der Erfüllung ihrer Produktsicherheitsverpflichtungen gemäß der Produkthaftungsrichtlinie. Wir bieten zwar keine rechtliche Haftungsvertretung an, helfen unseren Kunden jedoch mit unseren Dokumentationsdiensten, Risiken durch Nichteinhaltung der Produkthaftungsrichtlinie zu vermeiden.
Unsere Leistungen umfassen:
- GPSR-Zertifizierungspakete
- Risikobewertungen zugeschnitten auf den Produkttyp
- Vorbereitung der technischen Datei und mehrsprachige Beschriftungsunterstützung
- Verantwortliche Person in der EU Dienstleistungen (für GPSR- und CE-gekennzeichnete Waren)
Kontaktieren Sie uns wenn Sie Hilfe bei der Vorbereitung auf die neue Richtlinie benötigen, bevor diese im Jahr 2026 in Kraft tritt.
Häufig gestellte Fragen
Gilt die EU-Produkthaftungsrichtlinie für digitale Produkte?
Ja. Die neue Richtlinie umfasst ausdrücklich Standalone-Software, eingebettete Firmware und digitale Fertigungsdateien. Führt ein Defekt einer digitalen Komponente zu einem Schaden, kann nach den neuen Regeln eine Haftung greifen.
Wann wird die neue Richtlinie in Kraft treten?
Die Richtlinie trat am 8. Dezember 2024 in Kraft. Die EU-Mitgliedstaaten müssen sie bis zum 9. Dezember 2026 in nationales Recht umsetzen. Sie gilt für Produkte, die nach diesem Datum auf den Markt gebracht oder in Betrieb genommen werden.
Was ist, wenn mein Produkt psychische Schäden, aber keine körperlichen Verletzungen verursacht?
Die neuen Regeln ermöglichen eine Entschädigung für medizinisch anerkannte psychische Schäden, auch wenn keine körperliche Verletzung vorliegt. Damit wird der Umfang der Schadensersatzansprüche im Vergleich zur vorherigen Richtlinie erweitert.
Gilt die Richtlinie auch für Gratisprodukte?
Ja. Produkte, die im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit kostenlos zur Verfügung gestellt werden – wie etwa Werbeartikel oder Softwarepakete – sind versichert, wenn sie aufgrund eines Mangels einen Schaden verursachen.
Können Verbraucher Zugang zu internen Unternehmensdokumenten verlangen?
In bestimmten Fällen ja. Gerichte können Wirtschaftsteilnehmer anweisen, technische Dokumente offenzulegen, die zum Nachweis eines Mangels oder zur Feststellung des Kausalzusammenhangs beitragen könnten, insbesondere in komplexen oder risikoreichen Fällen.
Was ist der Unterschied zwischen Produktsicherheit und Produkthaftung?
Produktsicherheitsregeln (wie die GPSR) legen gesetzliche Verpflichtungen zur Schadensverhütung fest. Produkthaftung Regeln bestimmen, was passiert, wenn aufgrund eines Defekts ein Schaden entsteht. Beides ist für den Marktzugang und die Risikominderung von entscheidender Bedeutung.
Abschluss
Die überarbeitete EU-Produkthaftungsrichtlinie schafft einen verbraucherfreundlicheren und ausgewogeneren Rahmen. Für Unternehmen erhöht sie den Bedarf an klarer Dokumentation, definierten Rollen in der Lieferkette und proaktiver Sicherheitsplanung.Obwohl die Richtlinie noch nicht in Kraft ist, sollten Unternehmen jetzt handeln, um ihr Risiko zu verringern.
Anleitungen zum GPSR und Dokumentationen, die Ihre Einhaltung der EU-Sicherheitsvorschriften unterstützen, finden Sie unter Kontaktieren Sie EaseCert.
Weiterführende Literatur und offizielle Quellen
- Europäische Kommission – Haftung für fehlerhafte Produkte
- Neue Haftungsregeln – EU-News, 6. Dezember 2024
- Richtlinie (EU) 2024/2853 (Amtlicher Text, zur Aufhebung der Richtlinie 85/374/EWG)
- EU passt Produkthaftungsregeln an das digitale Zeitalter und die Kreislaufwirtschaft an
- Zusammenfassung: Richtlinie 85/374/EWG (altes Produkthaftungsregime)
- EPRS-Briefing – Überarbeitete Produkthaftungsrichtlinie
- Verordnung (EU) 2023/988 – Allgemeine Produktsicherheitsverordnung (GPSR)